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Stand: 19.09.2019

Stellungnahme

Die Caritas kämpft für bessere Bedingungen in der Pflege

Was ist hier passiert?

Die Gewerkschaft ver.di und die "Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche" (BVAP) verhandeln einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Altenpflege. Beide vertreten nur einen kleinen Teil der in der Pflege Beschäftigten bzw. derArbeitgeber in der Branche (deutlich unter 10 %). Laut Gesetz müssen die beiden kirchlichen Verbände, die wesentlich mehr Mitarbeiter*innen und Pflegeheime haben, diesem Vorschlag zustimmen, damit er allgemeinverbindlich werden und endlich ein Mindestlohn in der Pflege gelten kann.

Die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas, ein unabhängiges Gremium, das aus je 31 Vertreter*innen der Dienstgeberseite (Arbeitgeber) und der Dienstnehmerseite (Mitarbeiter*innen) besteht, hätte mit Zweidrittelmehrheit zustimmen müssen, hat aber tatsächlich diesen Vorschlag mehrheitlich abgelehnt. Das vergleichbare Gremium der Diakonie hat daraufhin einen Tag später nicht mehr abgestimmt. Die Folge ist, dass dieser Versuch, endlich zu einem Mindestlohn in der Pflege zu kommen, gescheitert ist. 

Die Arbeitsrechtliche Kommission ist tatsächlich unabhängig und führt keine Weisungen aus, weder vom Deutschen Caritasverband noch von seinen Untergliederungen, den Diözesancaritasverbänden. Es ist kein Geheimnis, dass viele, auch führende Personen in den Caritasverbänden sich eine andere Entscheidung gewünscht hätten und zwar nicht, weil der vorgelegte Tarifvertrag besonders gut gewesen wäre, sondern weil endlich überhaupt ein wichtiger Schritt in Richtung Verbesserung der Arbeitsbedingungen gemacht worden wäre: Der Mindestlohn wäre Wirklichkeit geworden, und das hätte vielen Beschäftigten in Einrichtungen gewinnorientierter privater Träger geholfen.

Gründe für die Ablehnung des Tarifvertrags

  • Es handelt sich nicht um einen vollständigen Tarifvertrag, denn es fehlen Bestimmungen zur Alterssicherung, zu Zulagen und Überstunden und weiteren Arbeitsbedingungen, es geht letztlich nur um den Mindestlohn.
  • Es fehlt eine politische Strategie, damit die zu erwartenden Erhöhungen in den Pflegekosten nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen, sondern von den Pflegekassen übernommen werden. Es fehlt eine entsprechende Pflegereform.
  • Es bestand die Gefahr, dass die Kostenträger zu dem Zeitpunkt, da es einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag gibt, die immer noch wesentlich besseren Löhne bei Caritas und Diakonie nicht mehr refinanzieren würden. Richtig ist zwar, dass Caritas und Diakonie in Verhandlungen mit den Kostenträgern ihre höheren Löhne in der Regel noch immer refinanzieren konnten, aber bisher konnten sie darauf verweisen, dass es ansonsten keinen allgemeingültigen Tarifvertrag gebe. Nun könnte die Erhöhung am unteren Ende des Spektrums Einbußen am oberen Ende hervorrufen. Diese Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen.
  • Seit Jahrzehnten kümmern sich Caritas und Diakonie um eine tarifliche und anständige Entlohnung ihrer Mitarbeitenden und kämpfen für die Tarifbindung in der Pflege. Und jetzt kommt eine Gewerkschaft, die in der Branche fast keine Rolle spielt und verhandelt mit einem Verband, der im Wesentlichen einige AWO-Heime vertritt, einen Vertrag, der dann für alle gelten soll und bei dem die meisten Arbeitsbedingungen (Altersversorgung, Zulagen, Überstunden, Urlaub) ausgespart sind? Das sollten nun diejenigen abnicken, die schon sehr lange für umfassende und gute Arbeitsbedingungen in der Pflege kämpfen und diese auch durchsetzen, zumindest für die eigenen Beschäftigten, noch dazu womöglich auf die eigenen Kosten.
  • Selbstverständlich könnte die Bundesregierung, wie in anderen Branchen auch, einen Mindestlohn per Gesetz festlegen. Sie möchte dies aber lieber "den Tarifpartnern überlassen". Dass die beiden kirchlichen Sozialverbände dann den Verhandlungsergebnissen anderer (obwohl sie durchaus einbezogen worden sind) zuzustimmen haben, ist Teil eines ungewöhnlichen Schwarze-Peter-Spiels. Anstatt eine Pflegereform zu machen, die diese Probleme im Sinne der Pflegebedürftigen und der Beschäftigten in der Pflege löst, ist jetzt allen Ernstes die Caritas Schuld daran, dass es keinen Tarifvertrag in der Altenpflege gibt? Selbst wenn wir das ungeschickt (und im Vorfeld der Abstimmung gar nicht) kommuniziert haben und unsere Arbeitsrechtliche Kommission unabhängig entscheidet, aber das geht wirklich zu weit. 

Wofür steht die Caritas?

  • Wir wollen eine gesetzliche Tarifbindung. Nur wer nach Tarifvertrag bezahlt, darf Pflegeleistungen anbieten. Lohn-Dumping darf nicht weiter mit Gewinnen honoriert werden.
  • Pflegebedürftigkeit darf kein Armutsrisiko sein. Die Kosten der Pflege müssen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sozialverträglich gedeckelt werden. 
  • Für unsere Mitarbeitenden bemühen wir uns um: faire Bezahlung deutlich über dem Mindestlohnniveau, zusätzliche Leistungen zur Altersvorsorge, mehr Urlaub, Angebote der Gesundheitsvorsorge, wertschätzendes Arbeitsklima, respektvolle Grundhaltung gegenüber den Pflegebedürftigen und vieles mehr.

Vergleich Tarifvertrag Altenpflege - Caritas AVR

Vergleich Tarifvertrag
Altenpflege - Caritas AVR
Tarifvertrag Altenpflege

(ab 1.8.2021)

Caritas AVR - West
(ab 1.4.2021)
Caritas AVR - Ost
(ab 1.4.2021) 
 Stundenlohn EUR/h brutto
 
 Pflegekraft ohne Ausbildung  12,40  13,95 bis 15,08  13,13 bis 14,22
 Einjährige Ausbildung  13,10  14,33 bis 19,65  13,49 bis 18,61
 Dreijährige Ausbildung  16,10  16,99 bis 21,17  16,05 bis 20,07
 Zulagen EUR/h brutto      
 Pflegezulage  keine Bestimmung  70,00   70,00
 Intensivzulage  keine Bestimmung  100,00  100,00
 Wechselschichtzulage  keine Bestimmung  155,00  155,00
 Schichtzulage  keine Bestimmung  40,00  40,00
 Zulage  keine Bestimmung  25,00  25,00
 Infektions-, Psychiatrie-, Geriatrie-,
 Transplantations- und Onkologiezulage
 keine Bestimmung  46,02  46,02
 Arbeitszeit  keine Bestimmung  39 Std. / Woche  40 Std. / Woche
 Urlaub  28 Tage  30 Tage  31 Tage
 Zusatzurlaub bei Schicht- und Nachtarbeit  keine Bestimmung  ja  ja
 Urlaubsgeld brutto / Jahressonderzahlung  500,00   86 % des Monatsgehalts  80 % des Monatsgehalts
 Betriebliche Altersversorge vom Entgelt  keine Bestimmung  6 %  6 %
 Zeitzuschläge  keine Bestimmung  ja  ja

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