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Stand: 19.09.2019

Stellungnahme

Für eine konsequent menschliche Kirche

Deswegen bringen wir uns mit diesem Beitrag in die aktuellen Debatten ein. Die Caritas genießt zumeist ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung, Politik, Verwaltung und in den Stadtgesellschaften der Kommunen und Kreise. Diese Reputation, die unsere Haupt- und Ehrenamtlichen mit hohem Einsatz jeden Tag neu verdienen, sehen wir in Gefahr. Als katholischer Wohlfahrtsverband steht die Caritas für ein positives Bild von Kirche. Viele Menschen vertrauen uns, und viele bleiben wegen unserer Arbeit Mitglied der Kirche, so hat es die bistumseigene Studie "Kirchenaustritt - oder nicht?" belegt.

Missbrauch konsequent aufklären, verfolgen und verhindern

Der Missbrauchsskandal und der kirchliche Umgang damit bewegen uns und unsere Mitarbeitenden. Das systematische Versagen vieler kirchlicher Verantwortlicher stellt die Identifikation mit uns als kirchlichem Arbeitgeber mitunter auf eine harte Probe. 

Wir fordern:

  • dass die Kirche konsequent die Perspektive der Opfer einnimmt und sie in alle relevanten Prozessen einbezieht. Ihr Leid muss anerkannt werden und die Kirche muss großzügig sein bei der Entschädigung. Ferner muss die Kirche Unterstützung bei der Selbstorganisation der Betroffenen leisten.
  • eine schonungslose Aufklärung der Missbrauchsfälle in unserem Bistum und in allen Bistümern
  • kompromisslose personelle Konsequenzen bei festgestellter Schuld.

Als katholische Organisationen wenden wir die strengen Präventions- und Interventionsrichtlinien an und setzen sie in unseren institutionellen Schutzkonzepten konsequent um. Die katholische Kirche hat, wie keine zweite gesellschaftliche Kraft, in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen, um Missbrauch künftig soweit es geht zu verhindern. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. 

Missbrauch wird aber durch kirchliche Strukturen und manche Haltungen begünstigt. Das zeigen die Ergebnisse mehrerer - auch kircheneigener Studien (zuletzt der MHG-Studie). Deswegen setzen wir uns ein

  • für eine Teilung der Macht, wie sie innerhalb des synodalen Wegs gefordert wird
  • für eine wirksame Kontrolle kirchlicher Hierarchien durch Laien(gremien)
  • für die Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral, die Vielfältigkeit positiv würdigt
  • für das Diakonat der Frau als Schritt hin zu einer Gleichberechtigung von Frau und Mann in der Kirche.

Caritas steht für Vielfalt

Ein weiteres aktuelles Thema beschäftigt uns derzeit als katholische Arbeitgeber. Mit dem Comingout von 125 kirchlichen Mitarbeitenden in der Aktion #OutInChurch wurde die Diskriminierung von homosexuellen und transidenten Mitarbeiter*innen in kirchlichen Institutionen öffentlich. Auch in unseren Verbänden arbeiten Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und Identitäten. Die Caritasverbände im Bistum Essen respektieren die persönliche Lebensführung als Privatsphäre ihrer Mitarbeitenden. Dies bedeutet, dass wir keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen, sollten sich Mitarbeitende uns gegenüber zu diesen Themen erklären. Diese Haltung beruht auf der christlichen Überzeugung von der bedingungslosen Liebe Gottes zu allen Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt. Und sie ist bei uns bereits langjährig geübte Praxis. Die Mitarbeitenden und wir als Arbeitgeber brauchen dazu Rechtssicherheit.

Konkret fordern wir:

  • eine Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts, damit die Diskriminierung von homosexuellen und queeren Mitarbeitenden beendet wird
  • und ferner die kirchliche Segnung homosexueller Paare und Menschen.

Wir setzen uns ein für eine Kirche ohne Angst, für eine Kirche der Vielfalt. Wir hoffen, dass durch die Debatte um #OutInChurch die Wege für konkrete Veränderungen innerhalb der katholischen Kirche geebnet sind.

Bitte, bleiben Sie!

Wir begrüßen und unterstützen ausdrücklich die Haltung und Aussagen, die unser Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer in der öffentlichen Debatte derzeit einnehmen. Wir sehen unser Bistum auf einem guten Weg und unterstützen diesen nach unseren Möglichkeiten. 

Alle, die in der Kirche sind, bitten wir: Bleiben Sie! Obwohl es viele nachvollziehbare Gründe und Anlässe gibt, zu gehen. Mit jedem Austritt wird aber auch unsere Arbeit mit Wohnungslosen, Prostituierten, Menschen mit Behinderung, Schwangeren, Alten, Kranken und Sterbenden geschwächt.

Caritas heißt Nächstenliebe. Wir stehen für eine Kirche, die konsequent menschlich ist. Wir leben die frohe Botschaft des Glaubens an einen Gott, der jede*n bedingungslos liebt. Das ist unser kirchlicher Auftrag. Diesen setzen wir in der Arbeit mit Benachteiligten und Menschen in Not in konkrete Tat um. Jeden Tag. Damit das auch in Zukunft gelingt, brauchen wir Veränderungen in unserer Kirche, an denen wir aktiv mitwirken. 

Initiiert und getragen von den Vorständ*innen der 10 Ortscaritasverbände im Bistum Essen:

Caritasverband für das Kreisdekanat Altena-Lüdenscheid e.V.
Stefan Hesse

Caritasverband für Bochum und Wattenscheid e.V.
Hans-Werner Wolff

Caritasverband für die Stadt Bottrop e.V. 
Dr. Andreas Trynogga

Caritasverband Duisburg e.V.
Petra Keysers und Ulrich Fuest

Caritasverband Ennepe-Ruhr e.V.
Dominik Spanke

Caritasverband für die Stadt Essen e.V.
Prof. Dr. Björn Enno Hermans

Caritasverband für die Stadt Gelsenkirchen e.V.
Peter Spannenkrebs

Caritasverband Gladbeck e.V.
Andrea Raffenberg und Rainer Knubben

Caritasverband Mülheim an der Ruhr e.V.
Regine Arntz und Martina Pattberg

Caritasverband Oberhausen e.V.
Michael Kreuzfelder und Detlef Nitsch

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